News Detail: CD: Top Tipps
POP/ROCK
The Corrs: Borrowed Heaven
Der Opener scheint die Sorge älterer Fans des irischen Geschwister-Quartetts zu bestätigen: dass The Corrs nämlich die traditionellen Folk-Elemente, die die ersten Alben auszeichneten, immer mehr vernachlässigen. Und dass die frische Lebendigkeit der Musik immer öfter vom Reinlichkeitsfimmel der neuerdings engagierten Mainstream-Produzenten erstickt würde. Doch nachdem erste einfache Strophe- und Refrainzeilen wie "summer sunshine, I miss you, summer sunshine, I kiss you" abgenudelt sind, besinnt sich die Produktion wenigstens noch auf eine andere trademark und belebt das Songfinale mit mehrstimmigen Backingvocals. Der zweite Song "Angel" eröffnet zwar mit knackigem Basslauf und fiedelt und flötet in den Refrains, klingt aber trotzdem mehr nach Bryan Adams. Auch in den folgenden Songs nutzen die Geschwister kaum ihre stimmliche Vielfalt. Meist bestreitet Leadsängerin Andrea allein die Vocals, Gitarrist und Keyboarder Jim, Geigerin Sharon und Schlagzeugerin Caroline bleiben auf ihre Instrumentalistenrollen beschränkt. Wo letztere doch einmal ans Mikro dürfen, wie etwa im tränenreichen Abschiedsgruß an die Mutter namens "Goodbye", dann weniger um Kontraste zu setzen, als vielmehr um die dramatische Wirkung im Gleichklang zu verstärken. Zum Glück haben sich The Corrs bis hierher noch nicht völlig verausgabt, das Beste kommt erst noch. Das von Bono (U2), Gavin Friday und Maurice Seezer geschriebene "Time Enough For Tears" war zwar bereits auf dem Soundtrack zu Jim Sheridans "In America" zu hören, passt aber mit seiner melancholischen Stimmung trotzdem gut hierher. "Humdrum" geht textlich mal nicht in die gefühlsschwangere Richtung und lässt wie das folgende "Even If" die keltische Herkunft der Protagonisten wenigstens anklingen. Anders als erwartet, erklingen im Titelstück dann doch noch schöne mehrstimmige Harmonien zu prickelnden Rhythmen, wenn das irische Quartett auf die südafrikanische Gesangstruppe Ladysmith Black Mambazo trifft. Mit eingängiger Melodie und lebendigem Vortrag macht Andrea Corr glaubhaft, dass sie sich zu "Baby Be Brave" vom Songwriter Ryan Adams inspirieren ließ. Zum Schluss setzt "Silver Strand" noch einmal einen starken Kontrast. Das bereits Mitte der 90er entstandene Stück verdeutlicht, wie weit die Iren sich mittlerweile von ihren traditionellen Ursprüngen entfernt haben. Ingesamt hängt "Borrowed Heaven" zu oft durch, um als der große Wurf nach immerhin vier Jahren Pause gelten zu können.
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DEATH-/TRASH METAL
Therion: Lemuria / Sirius B (2 CD)
Therion waren schon immer eine Band, die die Verwendung von Superlativen ganz schön strapaziert hat. Eigentlich denkt man bei jeder Veröffentlichung, dass sie an der Spitze angelangt sind und der Verbindung aus Metal und symphonischen, orchestralen Elementen nicht Neues mehr abgewinnen können, und jedes Mal setzen sie noch einen drauf. Nachdem sie mit "Live In Midgard" ihr 15-jähriges Jubiläum gefeiert hatten, ging es beinahe im Anschluss zurück ins Studio, um sich an die musikalische und konzeptuelle Umsetzung der Doppel-CD "Lemuria/Sirius B" zu machen. Wie nicht anders zu erwarten war, wird hier mal wieder geklotzt und nicht gekleckert, denn es waren insgesamt über 170 Musiker/Innen und Sänger/Innen an der Entstehung der beiden Scheiben beteiligt. Das Ergebnis dürfte ein musikalisches Erlebnis sondergleichen sein, denn die Symbiose aus klassischen Elementen und Gitarrenmusik beherrschen die Jungs wie kaum eine andere Band. Da mir leider nur eine Promo mit sechs Songs von "Lemuria" und sieben von "Sirius B" vorliegt, muss sich mein Eindruck darauf beschränken, aber wenn die übrigen Songs nicht massiv an Qualität einbüßen, dann steht dem Fan wieder mal ein Meisterwerk ins Haus. Während "Typhon", "Uthark Runa", "Blood Of Kingu" und "Kali Yuga Pt. 2" deutlich in die Metal-Ecke gehen, können Tracks wie "An Arrow From The Sun" oder "Son Of The Sun" zwar ebenfalls die eine oder andere fette Klampfe aufweisen, jedoch stehen hier die bombastischen Chöre und diverse klassischen Solostimmen im Vordergrund. Was die Texte betrifft, scheint, als hier kein festes Grundkonzept vorzuliegen, denn was der sagenhafte Kontinent Lemuria mit der von den südamerikanischen Ureinwohnern verehrten Gottheit Quetzacoatl oder der von Lovecraft erschaffenen Figur des Fischgottes Dagon zu tun hat, kann man beim besten Willen nicht sagen. Dass die jeweilige Konzepte aber eine adäquate Unsetzung erfahren, ist auf jeden Fall garantiert. Im Vergleich zu den letzten Alben gehen Therion also wieder eine Spur härter zur Sache, was dem Material aber nur gut tut. Auch die verstärkt auftretenden folkloristischen Elemente geben den beiden Scheiben eine Nuance, die gern noch weiter ausgebaut werden darf.
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HIP HOP/RAP
L.O.V.E.: Life Of Valezka & Eko
Wie sieht das Leben von Pop-Rapper Eko Fresh und seiner R'n'B-Muse Valezka aus? Auf einer Yacht durchs sommerliche Saint Tropez-Gefilde düsen, wie uns das Duo im Video zu "L.O.V.E." suggerieren möchte? Mitnichten. Zwar unterstützen die breitflächigen, glasklar produzierten US-Sounds die aufgesetzte "Bling, Bling, Money Ain't A Thing"-Attitüde, dank Valezkas Omnipräsenz verlieren sich jedoch Single wie Album nicht in Unglaubwürdigkeit. Valezka zeigt sich mal tough ("Stärker"), mal verletzlich ("Jetzt Schon"), mal schamlos ("Neue Männer Braucht Das Land") oder verliebt ("Geh Nicht"). Die Street Credibility versprüht sie dabei in jeder erstaunlich variabel und versiert gesungenen Zeile. Wenn Joy Denalane ihre afrikanischen Roots sucht, steht Valezka als "Material Girl" neben dir "in da Club" und "trinkt ein Bacardi Breezer, weil sie schon immer eine Party Queen war" ("Hebt Die Hände"). Ihr Partner Eko Fresh dient eigentlich nur als Starthilfekabel für Valezkas Fahrt zum unbesetzten Soul-Thron, denn neben Xavier Naidoo, den diese Nähe zur Straße und zum Hip Hop ebenfalls auszeichnet, ist noch ein Plätzchen frei. Popstars wie Yvonne Catterfeld mögen vielleicht eine größere Reichweite in der Stimme haben, in Sachen Charisma verlieren sie jedoch gegen Valezka haushoch wie Wolkenkratzer. Im Rhythmus der top, aber austauschbar produzierten, elektro-lastigen R'n'B-Beats dominiert die Sängerin Eko nach Belieben. Dieser funktioniert zwar solo im bekannten Fabolous/Nelly-Querschnitt, als Mitspieler von Valezka zieht er jedoch den Kürzeren wie Streichhölzer. Ein klarer Fall von "Frau gegen Junge-Mismatch". Wie gestand Valezka in der Ina Deter-Coverversion "Neue Männer Braucht Das Land" noch: "Große Chancen haben Hünen". Kein Platz für Eko also, da kann der kleine Mönchengladbacher noch zehnmal barfuß auf einer Yacht posen. Wann kommt das Soloalbum, Valezka?
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BRASIL / JAZZ
Helena: Nee Dans Le Nature
Diese Helena ist schon ein durchtriebenes Stück: räkelt sich für das Cover ihres neuen Albums mit kaum sichtbarem Nachtgewand auf einem Bett (Fotograf demnach genauso durchtrieben), winkelt vorteilhaft ihre langen Beine an und drückt aus Mangel an behaartem Partner einen zotteligen Stofflöwen an ihre Brust. Was soll der von Beschützerinstinkten heimgesuchte männliche CD-Käufer da denken? Auf sie mit Gebrüll?
Wohl kaum, steht doch eher das Thema Schlafen im Vordergrund. Zur Partyplatte taugt "Née Dans La Nature" sicher nicht. Die von der gebürtigen Belgierin mit klarer und weicher Stimme auf französisch vorgetragenen Songs pendeln vielmehr angenehm zwischen Jazz, Pop und Chanson und könnten sowohl ein gediegenes Rotwein-Dinner als auch ein Bettgeflüster bereichern. Mit diesem Rezept hat die Endzwanzigerin im Rotweinland Frankreich, wo schon zwei Alben von ihr im Handel sind, bereits zahlreiche Fans gewonnen. Im Fahrtwind des Schmuse-Jazz-Hypes könnte Helena bald auch hierzulande punkten, gerade weil ihre Songs meist nicht die komplexe Tiefe Keren Anns oder die Verruchtheit einer Carla Bruni erreichen.
Macht aber nichts: gerade die beschwingte Lässigkeit steckt bei Songs wie "Je t'aime Salaud" oder im an Velvet Undergrounds "I'll Be Your Mirror" erinnernden "L'age De Ma Mère" durchaus an. In "Mary Popins" (wieso nur ein "p"?) erfährt das gleichnamige Märchenmusical um Julie Andrews eine sanfte Hommage, die mit süßlichem Stereolab-Flair aufwartet. Eine musikalische Revolution darf man hier zwar nicht erwarten, aber Helenas Streicheleinheiten wirken ziemlich sympathisch. Genau wie die Songzeile "Wirst du mich noch lieben, falls meine Brüste der Schwerkraft folgen und ich so alt bin wie meine Mutter?" oder ihr durch einen Versprecher ausgelöstes Lachen, das sie einfach in der Aufnahme beließ. Neben der Akustikballade "Les Fantomes", die in ein Air-mäßiges Finale mündet, gelingt Helena auch die Coverversion einer bekannteren Nackten: Kylie Minogue. Der Dance-Heuler "Can't Get You Out Of My Head" verliert in Helenas Händen seine komplette Beat-Grundlage und klingt plötzlich ungeahnt träge und wehmütig. Doch, echt!

Fazit: Nacktcover plus Kylie, das klingt doch mal erfolgsversprechend. In Frankreich hat Helena so was nicht mehr nötig. Dort erschien "Née Dans La Nature" mit einer schlichten Kinderzeichnung auf dem Cover.

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POP/ROCK
PJ Harvey: Uh Huh Her
An Erfolgen mangelt es der Frau nicht, höchstens an kommerziellen. Bereits nach ihrem ersten Album "Dry" kürte sie die amerikanische Ausgabe des Rolling Stone 1992 zum "Best Songwriter" und "Best New Female Singer", mit ihrer letzten Scheibe "Stories From The City, Stories From The Sea" errang sie als erste weibliche Künstlerin den Mercury Music Prize 2001. Dazwischen liegen Nominierungen für Brit-Award und Grammy (für "Is This Desire", 1998) und Artist, bzw. Album Of The Year-Auszeichnungen (für "To Bring You My Love", 1995). Zu ihren erklärten Bewunderern zählen so unterschiedliche Musiker wie Dave Wyndorf (Monster Magnet) oder Thom Yorke (Radiohead). Nur beim großen Publikum konnte P.J. Harvey noch nicht landen, beeindruckende Charterfolge blieben ihr bislang verwehrt. Wird sich das mit ihrem siebten Studioalbum "Uh Huh Her" ändern? Wohl eher nicht, zumindest auf den ersten Blick kommt ihr Gitarre/Bass/Drums-Rock doch wieder viel zu spröde daher, absolut untauglich fürs Formatradio. Gleich der Opener "The Life And Death Of Mr. Badmouth" bollert eher bösartig aus den Boxen, dem sollte man mal gründlich den Mund auswaschen, disharmonische Background-Melodien illustrieren den Giftgeschmack von Mr. Badmouths Lippen. "Shame is the shadow of love" und "you changed my life", heißt es im folgenden Song, und vielleicht ist wirklich etwas passiert in P.J. Harvey s Leben. Jedenfalls wirkt ihr Seelenexhibitionismus in diesem zweiten Song sanfter und versöhnlicher als früher. Bevor allerdings der Hörer sich im Wohlklang zu gemütlich einrichtet, kommt gleich wieder ein böser, schmutziger und roher Rocker wie "Who The Fuck" und trampelt alles nieder. Im Verlauf der Scheibe hat man mitunter das Gefühl als entstammten die verschiedenen Stücke tatsächlich sehr verschiedenen Lebensphasen. Mit dem genannten "Who The Fuck", "The Letter" oder "Cat On The Wall" sind wieder einige gitarren-krachige Rocker dabei. In "The Pocket Knife" verlässt sich Miss Harvey ganz auf ihre fragile Stimme, die mit der sparsam geschlagenen Elektrischen und einer Rassel (?) tatsächlich eine ganz betörende Wirkung entfaltet und an einen ihrer schönsten Songs erinnert, an "Desire". Ganz ungewohnt sind dagegen die Mundharmonika-Klänge in "Shame", die Keyboards in "The Slow Drug" oder das Xylophon in "You Come Through", vom friedlich dahin plätschernden Instrumental "The End" mal ganz abgesehen. Etwas affig finde ich persönlich das über eine Minute währende "Seagulls"-Sample mit Möwengeschrei. Soll das Sympathie für's Meer illustrieren? Dann kann ich hier mal ebenso gut erzählen, dass ich am See wohne, und wie putzig da die Enten schnattern, wie schwachbrüstig die Bellchen piepsen, oder wie eindringlich die Haubentaucher-Kinder pfeifen. Es ist also wieder ein ebenso tolles wie irritierendes Album geworden. Da ist es gut zu wissen, dass PJ Harvey diesmal außer den Drums alle Instrumente selbst eingespielt hat. So braucht sie die wahrscheinlich wieder nicht allzu üppigen Einnahmen wenigstens nicht zu teilen ...
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HEAVY METAL
Lordi: The Monsterican Dream (2 CD)
Yeah Baby, Finnland schlägt zurück. Alles was bei drei nicht in den Gräbern ist, steht zum Knochenschütteln bereit. Die hardrockende Monsterfraktion aus Finnland steht wieder in den Startlöchern und bläst zum nächsten Angriff. Wer sich vor zwei Jahren noch gefragt hat, ob das nicht eher ein mehr oder minder guter Witz war, muss jetzt wohl eingestehen, dass die Herren und die Dame ihre Musik und ihr Image durchaus ernst nehmen. Doch ehrlicherweise versuchen Lordi nicht, einem ihre Mucke oder die Kostümierung als was Neues zu verkaufen, sondern stehen offen zu ihren Inspirationsquellen. Jetzt legen sie mit "The Monsterican Dream" ihren zweiten Schlag vor und nisten sich erfolgreich zwischen Alice Cooper, Kiss und Twisted Sister in den klassischen Hardrock der 80er ein. "The Monsterican Dream" macht genau mit dem weiter, womit "Get Heavy" aufgehört hat. Die extrem locker rockende Mucke setzt sich sofort in der Hirnrinde fest und regt schon nach wenigen Durchläufen zum Mitgrölen an. Auch wenn die Finnen ganz klar großen Wert auf ihre Kostümierung und ihr Image legen, sind die Songs alles anderes als bloßes Beiwerk, sondern machen einen mindestens ebenso großen Reiz der Band aus. Rock'n'Roll war schon immer dann am besten, wenn er simpel nach vorne weg gespielt wurde, und daran hält sich das Quintett auch durch die Bank. Mit ihren richtig schön knorke Texten sind sie ungefähr so gruselig wie ein junges Eichhörnchen, aber der Spaßfaktor ist dabei um so höher. Nach einem wieder furchtbar bösen Intro geht es mit "Bring It On" wieder kernig los, und daran ändert sich für die nächsten 45 Minuten nicht viel. Zwar schlagen sie mit "The Children Of The Night", "Shotgun Divorce" und dem instrumentalen "Magistra Nocte" die etwas ruhigeren Töne an, aber ansonsten wird gerockt, bis das Make-Up bröselt. Ob Lordi bei "Wake The Snake" über seine Monsternudel singt, kann zwar nicht eindeutig festgestellt werden, ist aber durchaus im Bereich des Möglichen. Zwar kneifen die Keyboardsounds ab und an etwas in der Ohrmuschel, aber ansonsten hat Produzent Hiili Hiilesmaa (HIM, Amorphis, Sentenced) einen sehr guten Job abgeliefert.
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REGGAE
Toots & The Maytals: True Love
Shake it up, Mista: Toots Hibbert, Kopf der legendären Toots & The Maytals, kehrt in die Predigerkanzel zurück. Allerdings nicht alleine, sondern unterstützt von einer regelrechten Armada an Superstars aus dem Rock- und Pop-Biz. Der Zeitpunkt dafür scheint optimal: Reggae und Dancehall sind seit geraumer Zeit wieder mächtig angesagt und obendrein war es schon zu lange zu ruhig um den Mann, der mit seiner '68er Single "Do The Reggay" einst das Genre definierte und vor allem durch seine zahlreichen Erfolge bis in die späten 70er hinein heute als Lichtgestalt der Ska- und Reggae-Geschichte gilt.
Nach einer kreativen Durststrecke in den elektronischen Wirrungen der 80er Jahre kehrte Toots im letzten Jahrzehnt mit fulminanten Live-Auftritten auf die Showbühne zurück und eroberte nebenbei ein neues und junges Publikum. Genau dies ist auch das Ziel von "True Love": No Doubt, Bonnie Raitt, Keith Richards und Eric Clapton; sie alle verehren die Songs des Jamaikaners und wollen nun ein Stück ihrer Liebe zurück geben.
Das mag ja nett gemeint sein, nur wissen wir spätestens seit Santana und Tom Jones, dass der Brei nicht mehr ganz so lecker schmeckt, sobald viele Köche ihren Löffel reinhalten. Bei Toots kommt erschwerend hinzu, dass schon die Originale nahezu perfekt sind und selbst 2004 keinem Sound-Update bedürfen. Diesem harten Urteil widerspricht einzig die mächtige "Funky Kingston"-Version, auf der Funkwizard Bootsy Collins in seiner unnachahmlichen Art zum Jam-Gerüst der The Roots-Rhythmusfraktion wieder allerhand Unsinn ins Mikro knödelt. Ach, hätten "Toots, Roots and Boots" doch gleich ein ganzes Album miteinander eingespielt. Dann hätten wir auch nicht miterleben müssen, wie No Doubt dem Klassiker "Monkey Man" ihr enervierendes Ska-Rock-Konzept überstülpen, und Toots dadurch derart aus der Ruhe kommt, dass er sogar mit seinen ansonsten gefälligen Improvisationen übers Ziel hinaus schießt. Auch Shaggy und Rahzel meinen offensichtlich, die Legende mit Hilfe moderner Beats im Dancehall etablieren zu müssen. Das Ergebnis: "Bam Bam" klingt von vorne bis hinten bemüht und aufgesetzt. Ein bisschen Mut zu Veränderung sollte allerdings schon sein, sonst hätte die Neueinspielung ja wenig Sinn. Dies sahen Ryan Adams und Trey Anastasio von Phish offensichtlich anders, denn deren Interpretationen von "Time Tough" und "Sweet And Dandy" kommen quasi originalgetreu daher. "Careless Ethopians", das Duett mit Keith Richards, hätte genauso gut vor 20 Jahren auf einer Stones-Platte als Lückenfüller landen können, und selbst Ex-Specials-Sänger Terry Hall, der sich mit den Skatalites und U-Roy an "Never Grow Old" versucht, kann den Charme des 60s-Klassikers nicht weiter tragen. Im Duell der Gitarrenhelden behält Jeff Beck gegenüber Eric Clapton die Oberhand. Seine songdienlichen Fills in "54-46 Was My Number" dienen einigermaßen dem Groove, während sich Clapton in "Pressure Drop" einfach aufs Wah Wah-Pedal setzt und hofft, dass der Song selbst gut genug ist, diese Ideen-Armut zu verbergen. So bleibt ein zweifelhafter Nachgeschmack an "True Love" hängen. Zwar konnte Toots der Welt zeigen, welch prominente Musiker zu seinen Fans gehören, und diese durften sich über eine Jam-Session mit einer Legende freuen. Das Ergebnis wäre aber wahrscheinlich weit zufriedenstellender ausgefallen, hätte der Mann, dessen Stimme über das gesamte Album hinweg atemberaubend und voller Soul ist, seine Songs selbst neu eingespielt. So bleibt zumindest die Hoffnung, dass sich durch die Promi-Gästeliste seine Anhängerschar vergrößert und die Vorfreude auf die Tournee, bei der nur die Maytals mit auf die Bühne dürfen. Dort heißt das Motto dann wirklich: Reggae got soul!
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DANCE / TECHNO
Märtini Brös: Love The Machines
Neuigkeiten aus Berlin Mitte: die Märtini Brös legen ihren zweiten Longplayer vor. Die Brös lieben die Maschinen, das Publikum liebt sie für schweißtreibende Tanzflächenfüller à la "Fläsh". Und das wird sich auch mit dieser CD wohl nicht so schnell ändern.
Das Reizvolle von "Love The Machines" liegt indes nicht darin, lediglich eine Ansammlung von zahlreichen Clubtracks zu sein. Wo andere Künstler von einem House-Konzeptalbum sprechen, und es dann leider nicht schaffen, ihr Ansinnen zu vollenden, gehen Mike Vamp und Clé recht entspannt die Sache an. Wie auf "Pläy" wird einmal mehr die Klampfe ausgepackt, mal ein knackiges Riff ("The Girl That Pulled The Plug"), zarte Klänge ("Smile"), ein paar passende Licks ("Chicken Claw") eingestreut oder es wird wie auf "8 Bars Of Fame" mal ganz unvoreingenommen so etwas wie Britpop zitiert. Die Brös haben ein Album der verschiedenen Stimmungen und Tempi aus dem Ärmel gezaubert, das von quirlig aufgedreht bis traurig schön so ziemlich alles abdeckt, ohne dabei über die Stränge zu schlagen. Eine gelungene Symbiose aus Maschinenpark, Gitarrenhandwerk und Gesang. "Hey dove, welcome to the world of Märtini Brös", wie es Mr. Prilis zu Beginn von "The Girl That Pulled The Plug" treffend ausdrückt. Bedauerlich ist nur, dass das charmant bekloppte Märtini Denglisch - ein Potpourri aus Deutsch und Englisch, offenbar der Vergangenheit angehört. Nicht weiter schlimm, denn von dieser Platte wird man allemal gefläsht sein. Ob im Club, unterwegs oder daheim. Der passende Sound für den Feierabend, für die Morgentoilette oder einfach italienisch Duschen. Das passt.
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BLUES / FOLK
Heinrich Müller: Footsteps
Als hätten wir es geahnt: Der Mann, der uns mit sonorer Stimme jeweils abends die TVNews serviert, um die eingespielten Bildbeiträge abschliessend leicht spöttisch mit schräg gestellter Kopfhaltung zu quittieren, hat noch mehr drauf: Heinrich Müller legt mit "Footsteps" ein ebenso überraschendes wie überragendes Album vor. Er singt, als wäre er sein Leben lang nichts anderes als ein amerikanischer Country- und Rocksänger gewesen. Müller klingt gleichzeitig relaxt und emotional, aber stets stil- und intonationssicher. Superlative sind auch betreffend der Crew angebracht, von der sich Müller im Studio in Nashville begleiten liess. Allen voran die lebende Legende Buzz Cason, dessen Song "Soldier of Love" 1962 von den Beatles und 1999 von Pearl Jam gecovert worden ist. Der Mann hat früher mit Elvis Presley und Kris Kristofferson gesungen. Ebenso legendär ist Keyboarder Tim Hinkley, dessen Dienste u. a. die Rolling Stones, Eric Clapton, Eric Burdon, Alvin Lee, Steve Mariott und Johnny Halliday in Anspruch genommen haben. Doch Hinkley ist nicht der einzige Tastendrücker auf Footsteps: Mitunter greift auch Jan Pulsford, die auch schon ein Album von Cindy Lauper produziert hat, in die Tasten. Den Titelsong singt Müller mit Kat Dyson; man kennt die Dame auch als Gitarristin von (The Artist formerly known as) Prince. Ebenfalls mit von der Partie waren, Drummer Ian Wallace (Bonnie Raitt, Bob Dylan), Bassist Willie Weeks (Rod Stewart) oder Rick Vito (Leadgitarrist von Fleetwood Mac).
Eine Ansammlung von berühmten Musikern führt nicht zwangsläufig zu einem Meisterwerk, wie wir schon mehrmals schmerzhaft erfahren mussten. Footsteps hebt sich von solchen Produktionen unter anderem durch eine einzigartige kontinentale Spannung ab. "African Feeling" heisst der erste Song - mit "Letter from Africa" klingt Footsteps aus. Und es funktioniert tatsächlich: Der Mitteleuropäer bringt mit amerikanischen Musikcracks glaubwürdig afrikanische Befindlichkeit hinüber. Eine Kombination, die wohl einzigartig ist. Was mag der Grund sein, dass ein Tagesschaumoderator uns mit seiner Musik beglücken will? Vielleicht ein Ausgleich zu all den Kriegen, Attentaten und Ungeheuerlichkeiten, die er uns via TV tagtäglich in die heimische Stube liefert?

Musiker: Heinrich Müller, Buzz Cason (Elvis Presley/Kris Kristofferson), Tim Hinkley (Rolling Stones, Eric Clapton), Jan Pulsford (Cindy Lauper), Kat Dyson (Tafkap), Ian Wallace (Bonnie Raitt, Bob Dylan), Willie Weeks (Rod Stewart), Rick Vito (Fleetwood Mac).

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MUSIK DVD
Steve Vai: Live at the Astoria London (2 DVD)
"Des ist foarchtbar. Des ist das letzte!", schleudert der österreichische Gitarrentechniker Thomas Nordegg seinem Betreuten in Landessprache entgegen, während dieser versucht, ein einfaches Riff zu spielen. Worte, die bei dem einen oder anderen Möchtegern-Griffbretthelden durchaus Sinn machen. Aber bei Steve Vai, einem der unbestrittenen Meister seines Fachs? Die Episode aus der Bonus-DVD zeigt, dass es trotz der hohen Professionalität der Beteiligten bei Vais Welttour 2001 recht lustig zuging. Spaß haben und dabei Fans wie Neider an die Wand hauen, so die Aufgabe dieser Aufnahmen, die keine Möglichkeit auslassen, die aberwitzigen technischen Fähigkeiten der Musiker auf der Bühne zu unterstreichen. Bassist Billy Sheehan beeindruckt schon beim Opener: Nicht nur spielt er auf seinem Bass schneller als die meisten auf ihrer Gitarre, sondern er darf mit "Shy Boy" auch ein eigenes frühes Lied vorstellen - das später zu David Lee Roths (Van Halen) festem Repertoire gehörte. Schlagzeuger Virgil Donati ist zwar von Türmen an Fellen und Becken umgeben, versteckt sich aber weder technisch noch visuell. Der alte Bekannte Tony MacAlpine wechselt sich an Keyboard und Gitarre ab, während der junge Dave Weiner alle Tonlagen seiner sechs Seiten wirbelnd rauf und runter spielt. Eine Begleitband, dessen Zusammensetzung kaum Wünsche offen lässt. So sieht es auch Vai, der sich sichtlich wohl fühlt, von Beginn an wie ein Derwisch rumwirbelt und dabei die unglaublichsten Töne aus dem Handgelenk schüttelt. Ob mit Plektrum, Tremolo oder Zunge - das vorwiegend männliche Publikum kommt vor lauter Staunen kaum zum Klatschen. Begeisterung zeigt es in den Pausen zwischen den Stücken, die Vai aus seinem gesamtem Repertoire zusammenstellt.
Neben "Erotic Nightmares", "For The Love Of God", "The Animal" und "Blue Powder" (sowie das gesprochen Intro aus "The Audience Is Listening als Einführung zum Auftritt) aus seinem bekanntesten Soloalbum "Passion & Warfare" (1990) stammt das Material vor allem aus "The Ultra Zone" (1999). Platz bleibt auch für Sheehans "Chameleon" und zwei Jimi Hendrix-Einlagen ("Fire" und "Little Wing"), bei denen sich Vai ans Mikrophon wagt. Den Höhepunkt bildet das ruhige "Whispering A Prayer" mit seinem abgefahrenen Sound. Ein überzeugender Auftritt, den Vai selbst produziert und geschnitten hat. Über seinen Klamottengeschmack lässt sich zwar streiten - ständig zieht er sich um und sieht jedes Mal verheerender aus - , über die Qualität der Aufnahmen aber kaum. Neben einer zweiten CD mit Backstage-Besuch, Interviews und mehreren lustigen Episoden, gibt es Biografien in Textform und eine ausführliche Diskografie, die auch die ersten Jahre mit Frank Zappa berücksichtigt.
Am gelungensten ist allerdings der Kommentar zum Konzert, den man parallel zuschalten kann: Vai, Sheehan, MacAlpine, Weiner und Donati sitzen im Studio, erzählen Anekdoten, zeigen sich von ihrem eigenen Können beeindruckt und verarschen sich gegenseitig. Während Vai einen Telefonanruf beantwortet, bringt es einer seiner Mitstreiter am Ende von "Shy Boy" auf den Punkt: "Was für ein Gewichse!"
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Text-Quellen: Diverse
10.06.2004 22:24:40 / enzo
Alle Angaben ohne Gewähr
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