News Detail: CD: Top Tipps |
SOUNDTRACK
Kill
Bill Vol. 2
Für die Fortsetzung von Quentin
Tarantinos grandios überschätzter Song-Zitatensammlung
im Soundtrack zu Teil eins muss dieses Mal der wilde Westen als Inspirationsquelle
herhalten, um die Verschwendung so vieler Handvoll Dollars zu rechtfertigen.
Genre-Musik soll die Stimmung des Films unterstreichen. Drei Scores aus
Morricone-Filmen
tragen das Gerüst, um das Tarantino sein dünnes Pappmaschee aus
nicht vorhandenen Ideen klebt. Country-Legende Johnny
Cash reicht mit einem Mahalia
Jackson-Cover Rockabilly-Ikone Charlie Feathers die Hand, die Lücken
füllen wieder einmal Dialogsequenzen des Films. Das Soundtrack-Konzept
ist mittlerweile in Beton gegossen; es würde wahrlich einem Wunder
gleichen, sollte Plagiateur Quentin einmal etwas Eigenes und vor allem Neues
einfallen. Über derlei Nebensächlichkeiten können auch die
restlichen Beiträge kaum hinweg täuschen. Kindlich pathetisches
Flamenco-Gesinge ("Tu Mirá") taugt nicht einmal als Einschlafhilfe,
zu nervig. Lediglich der ehemalige Sex
Pistols-Manager Malcolm Robert Andrew Edwards aka Malcolm
McLaren koloriert das Sammelsurium farbloser Songs mit einem energischen
Kleks ("About Her").
Selbst Beat-Genius s gar nicht versteckter Hidden Track wuppt nicht so richtig
aus dem Quark. Damit passt er sich nur dem wattierten Erscheinungsbild der
Filmmusik an, bis dato klang noch kein Tarantino-Soundtrack derart saft-
und kraftlos. Bevor jetzt wieder das Hohelied des künstlerischen Freigeistes
im Regisseur in ellenlangen Psaltern devote Ehrung erfährt, sei dringend
geraten, die Platte probezuhören, bevor die Öre über die
Ladentheke wandern. Für den Film bleibt indes noch etwas Hoffnung über.
Erstens sieht David
Carradine auch im Alter noch sackencool aus. Vor allem mit dem Monstergefährt,
das das Booklet ziert. Letztgehegte Bitte: hoffentlich bleiben die Zuschauer
des finalen Aktes wenigstens dieses Mal von Uma
Thurmans erschreckend hässlichen Füßen verschont.
Jetzt
bestellen für nur SFr. 19.90 anstatt SFr. 28.90 |
|
COMPILATION
/ POP/ROCK
Eurovision
Song Contest 2004 Istanbul (2 CD)
Eins vorweg: Einen zeitgemäßen Hit wie Sertabs letztjähriger
Siegersong sucht man dieses Mal vergeblich. Ihre türkischen Nachfolger
Athena könnten zwar konservative Grand Prix-Fans mit ihrem orientalischen
Ska-Stück schocken, richtig stimmig funktioniert die Mischung jedoch
nicht.
Ansonsten dominieren beim "Eurovision
Song Contest Instanbul 2004" altbackener Eurodance aus Belgien und
Dänemark, lahmer Latinpop von den Eidgenossen und Griechen sowie risikoloser
Rock von der grünen Insel. Die Chancen für Max'
"Can't Wait Until Tonight" steigen, zumal sich 22 der 36 Teilnehmer
noch für das Finale qualifizieren müssen. Manch überdurchschnittlichem
Track droht also die Gefahr, bereits im Halbfinale am 12. Mai auszuscheiden,
denn mit Albanien, Andorra, Slowenien, Niederlande, Mazedonien, Malta und
vor allem Litauen müssen viele hoffnungsvolle Künstler in den
Ausscheidungswettbewerb. Marta
Roure aus Andorra überzeugt zum Beispiel auf ihrem Beitrag
"Jugarem A Estimar-Nos" mit treibenden Rock-Grooves, während
sich Mazedoniens Tose
Proeski an ungewohnt experimentelle Synthie-Sounds ("Life")
und Albaniens Anjeza
Shahini an astreinen Elektro-Pop ("The Image Of You")
wagt. Den Sympathie-Preis gewinnen jedoch Linas
Ir Simona aus Litauen für ihr mit Scratches, Bongo-Percussion
und Live-Bläsern ausgestattetes "What Happened To Your Love".
Es wäre doch sehr schade, würden es diese Länder nicht ins
Finale schaffen.
Ein Problem, mit dem sich favorisierte Nationen wie Spanien, Großbritannien,
Polen, Frankreich und eben Deutschland nicht herumschlagen müssen.
Zum Glück, zumindest für den Spanier Ramon
und den Briten James
Fox. Zwar haben sie gewisse visuelle Vorteile gegenüber unserem
Mondgesicht Max,
musikalisch verlieren sie jedoch haushoch. Casting-Teilnehmer Ramon
kommt auf "Para Llenarme De Ti" als Ricky Martin für Arme,
Fox geht mit seinem balladesken Pop-Tune "Hold On To Our Love"
zu sehr auf Nummer sicher. Am ehesten könnte das polnische Blue Café
("Love Song") oder der französische Chanson von Jonatan
Cerrada ("A Chaque Pas") dem Stefan
Raab-Protegé gefährlich werden. Doch vielleicht gewinnt
auch ein völlig untauglicher Song ob der erotischen Performance. Immerhin:
wenigstens müssen wir dieses Jahr kein Ralph Siegel-Desaster befürchten.
Jetzt
bestellen für nur SFr. 31.90 |
|
ALTERNATIV
/ POP/ROCK
Chumbawamba:
Un
Die britische Agitpop-Combo scheint ihren Stil gefunden zu haben. Zwei Jahre
nach "Readymades" veröffentlichen Chumbawamba
ein weiteres Album mit netter Popmusik und anspruchsvollen Texten, die mal
provozieren, mal irritieren, fast wie zu Zeiten des bierseligen "Pissing
the night away". Dabei sorgen neben Samples oder Scratches die behutsame
Auffrischung des Klangbildes für Abwechslung, die teilweise sehr eingängigen
mehrstimmigen Harmonien dagegen für Wiedererkennungswert.
Eine ausgedehnte Südamerika-Reise hat eher dezente Spuren hinterlassen.
Vielleicht tanzen Akkordeon und Mundharmonika noch etwas beschwingter als
früher ("Everything You Know Is Wrong"), vielleicht hat die
Akustische früher nicht so nach Flamenco geklungen ("Be With You").
Überhaupt scheint überall die Sonne auf dieser Platte; ansonsten
aber beschränken sich die mitgebrachten Reise-Impressionen auf Rand-Aspekte,
etwa eine spanischsprachige Einleitung zu "When Fine Society Sits Down
To Dine" oder eine Mariachi-Trompete am Anfang von "We Don't Want
To Sing Along".
Im Mittelpunkt der neuen Platte der Unruhestifter stehen aber natürlich
wieder die Texte. Sie handeln vom Versagen der Amerikaner im Irak, dessen
Kunstschätze "On eBay" in einer käuflichen Ramsch-Welt
versickern, und mit einem köstlichen Backgroundchor, der ständig
"Buy, buy buy!" flötet, vom "Buy Nothing Day".
Oder von der 'Biotic Baking Brigade', die prominente Übeltäter
wie Bill Gates mit Kuchen oder Eiern bewirft; das Booklet hat dazu noch
einen Link mit den nötigen Hintergrundinfos in petto (bioticbakingbrigade.org).
Obwohl so ziemlich jeder Song irgendeinen lustigen Einfall oder eine originelle
Wendung zu bieten hat, stellt sich doch gelegentlich ein 'das hab ich schon
zu oft gehört'-Gefühl ein. Das mag mit den sehr prägnanten
Stimmen der Beteiligten zusammenhängen, oder damit, dass Chumbawamba
sich melodisch wie textlich gelegentlich selbst zitieren.Die eingangs zitierte
Liedzeile aus ihrem größten Hit "Tubthumping" verwandelt
sich in "When Fine Society Sits Down To Dine" in ein trockenes
"Pissing in the vine ..." - bereiten die früheren Londoner
Anarcho-Punks vielleicht einen Umzug in die Toskana vor?
Jetzt
bestellen für nur SFr. 27.90 |
|
PAGAN-
/ VIKING METAL
Finntroll:
Nattfödd
Humppa forever, man. Finntroll
rumpeln wieder durch Wald und Wiesen, und sämtliche Zwerge, Elfen,
Orks schaukeln sich dazu im Takt die Eier. Könnte ich mir auch gut
als Saufmusik zum nächsten Oktoberfest vorstellen. Nachdem es in Form
der "Trollhammaren"-EP schon einen kleinen Appetizer vorneweg
gab, liegt jetzt mit "Natfödd" das nächste stromverstärkte
Finntroll-Album
vor. Nach einem Ausflug ins Akustik-Genre mit "Visor Om Slutet",
dem Ausstieg von Frontroll Katla und dem wenig ruhmreichen dahin geschiedenen
Gitarrist Somnium musste man sich wirklich Gedanken über den Fortbestand
der Finnen machen. Doch anstatt sich aufzulösen, legen sie mit ihrem
dritten Langeisen ein wirklich begnadetes Album vor. Nach einem sehr nach
Ragnarök klingenden Intro geben die Jungs mächtig Gas und beweisen,
dass sie nach wie vor zu ihren Black Metal-Wurzeln stehen. Doch schon im
Mittelteil des Openers kann man mit dem Highspeed-Schunkeln beginnen, denn
dann kommen die ersten Off-Beats zum Einsatz, und die Keyboardmelodie erinnert
mehr als nur latent an die Titelmelodie von "Loggerheads", dem
Wikingercartoon auf Pro 7.
Was echter finnischer Humppa ist, und warum das Zeug eng mit der Polka verwandt
ist, zeigen sie schon beim genialen "Eliytres". Wer hier beim
Schunkeln zu dicht an der Wand sitzt, dürfte diese bald durchbrochen
haben, vor allem wenn das Tempo plötzlich massiv anzieht.
"Fiskarens Fiende" packt dann endlich auch den Groove aus und
dürfte den Höhepunkt eines jeden Saufgelages markieren. Dazu zieh
ich mir den Helm auf, lass den Bart rauschen und hau Kollegen Schuh mit
der Keule im Takt die Klöten platt. "Trollhammaren" ist schon
von der gleichnamigen EP bekannt und zischt genauso locker in die Löffel
wie das kurz und knackige "Ursvamp". "Marknadsvisan"
gibt einen akustischen Eindruck davon, wie's in einer Trollküche zugeht,
bevor sie mit "Grottans Barn" das finnische Gegenstück zu
manch einem Subway
To Sally-Song abliefern.
"Rök" lässt das Album sehr ruhig und atmosphärisch
ausklingen, was mich unweigerlich zu der Frage bringt, warum man bei einem
Album von gerade mal 36 Minuten Länge unbedingt noch einen Monat früher
eine EP rausbringen muss.Wenn die vier Tracks ebenfalls auf der CD gelandet
wären, hätte die Band die fünf Punkte sicher gehabt. So müssen
eben vier reichen, obwohl das Teil musikalisch wirklich geil ist.
Jetzt
bestellen für nur SFr. 24.90 |
|
POP/ROCK
Patti
Smith: Trampin'
Ziemlich klassisch eröffnet Patti
Smith ihr viertes Studioalbum nach der Hausfrauenpause. Die einfache
Melodie, das trockene Klangbild aus Gitarre, Drums und Bass und Pattis herausfordernde
Stimme lassen einen typischen Drei-Minuten-Punker erwarten. Nur dass "Jubilee"
erst im Mittelteil unerwartete Kapriolen schlägt, wenn die Gitarre
in wilde Improvisationen ausbricht, um dann Bass und Stimme ganz allein
zu lassen, und sich schließlich in einen finalen, vollkommen unpunkigen
Chorus hinein steigert. Die folgenden Stücke "Mother Rose"
und "Stride Of The Mind" beginnen nicht nur konventionell, sondern
gehen auch so weiter. Ersterer deutet eine für Pattis Verhältnisse
eher unerwartete Melodieseligkeit an, zweiter geht dagegen durchweg druckvoll
nach vorne.
Dieser Stücke muss sich niemand schämen, doch seine volle Intensität
entfaltet das Album erst mit "Cartwheels", das mit einer eingängigen
Gesangslinie, betörendem Gitarrenklingeln und tiefstem Bass einen regelrechten
Sog ausübt. Mit "Trespasses" ist noch ein weiteres Stück
dabei, das es an schöner Eindringlichkeit mit Pattis frühem Erfolg
"Because The Night" aufnehmen kann. Doch auch mit Songs wie "My
Blakean Year" oder "Cash" lässt die Ex-Hausfrau heutzutage
hoch gehandelte Rockgören wie Avril Lavigne reichlich alt aussehen.
Das gut 12-minütige "Radio Baghdad" findet inmitten zügelloser
Wut Raum für nachdenkliche Improvisationen und macht wie die beiden
live eingespielten Songs Lust auf einen Konzertbesuch. Das Booklet zeigt
übrigens das Foto einer Blume in der Hand von Pattis 16-jähriger
Tochter; ähnlich harmonisch und poetisch endet mit dem klavierbegleiteten
"Trampin'" auch das Album.
Jetzt
bestellen für nur SFr. 27.90 |
|
COMPILATION
50
Jahre Rock: Thomas Gottschalk (2 CD)
Ja ja, 50 Jahre soll es jetzt her sein, dass sich der Rock aus der Ursuppe
von Blues und R'n'B erhob und aufbrach, die Musikgeschichte zu revolutionieren.
Das Datum der Aufnahme von Bill
Haleys "Rock Around The Clock" hält als Zeitmarke
her, damit Thomas
Gottschalk ein halbes Jahrhundert später im ZDF seine Geschichtsumdeutung
lang und breit auf der Fernsehbühne inszenieren darf.
Dabei erlebte er im Vergleich mit Karl
Moiks Musikantenstadel den quotentechnischen Untergang. Logische
Konsequenz: ein Moderatorenjob für das Revival von 'Telespiele' auf
Neun Live. Dort gehört er nach der "50 Jahre Rock"-Katastrophe
auch hin. Wer so fahrlässig die Chance vertut, der Generation Playstation
das nahe zu bringen, was diese Musik bedeutet, der sollte dorthin gehen,
wo er mit seiner dummblöden Moderation noch am besten aufgehoben ist:
in den Zirkus. In der Sendung wollte der Grufti-Rocker Gottschalk erklären,
was Rock ausmacht. Das beinhaltet aber eben nicht "Das Beste aus den
Fünfzigern, Sechzigern, Siebzigern, Achtzigern, Neunzigern und den
dümmsten Bockmist von heute". Ebenjenes wollen uns die Mafiosi
der Formatradios vom Schlage SWR 3 und BR 3 mit ihrer gequirlten Scheiße
aus aneinandergereihten Tönen jeden Tag aufs Neue vorgaukeln.
Getrost könnte eine echte Geschichtsstunde in Sachen Rock auf den Großteil
dieser Compilation verzichten. Ohne Kümmelspalterei fliegen zwei Drittel
der hier vertretenen Titel aufgrund unparteiischer Geschmackskontrolle raus.
ELO?
Fort damit. Toto?
Ne, hau weg den Quatsch. Phil
Collins' "In The Air Tonight"? Vielleicht im Sado Maso-Studio.
Die musikalische Anbiederung an den Massengeschmack der Jugendlichen gerät
mit den finnischen Milchbubis von The
Rasmus zur Posse der peinlichsten Sorte. Dass die Scorpions
dereinst wirklich einmal Pfeffer im Hintern hatten, wissen wir. Aber "Wind
Of Change"? Ausgerechnet diese furchtbarste aller furchtbaren Klang-Kreaturen?
Schürzt eure Lippen und pfeift auf diesen pathetischen Quatsch. "Alt
wie ein Baum möchte ich werden, genau wie der Dichter es beschreibt"
sinnieren die Puhdys. Wie dicht der Dichter sein muss, damit er sich den
Mumpitz über die volle Distanz gibt, zu diesem Thema fragen wir einmal
bei Lemmy nach, der wirds schon wissen. Nüchtern lässt sich das
nicht ertragen, selbst wenn die kompilierenden Gehörlosenhühner
den einen oder anderen Glückstreffer landen. ZZ
Tops "La Grange" geht immer, mit Chuck
Berry konnte sich wenigstens ein Schwarzer in den Kreis der erlauchten
Milchbrötchen schmuggeln. Wer den Flop des Jahres im Fernsehen verfolgen
musste, macht um diese zwei CDs ganz sicher einen großen Bogen. Bei
medial pompös in Szene gesetzten Peinlichkeiten und bombastischen Fehlbesetzungen
wie Bonnie
Tyler, Wanda
Jackson und Leslie "Dschingis
Khan" Mandoki stellte es dem Zuschauer bereits am 17. April
alle noch vorhandenen Haare auf.
Gottschalk selbst meinte, nach der Sendung auf die fehlenden wirklichen
Stars angesprochen, man müsse "nehmen, was man kriegen kann".
Self fulfilling prophecy nennt der Freizeitphilosoph. Die Trackliste bestätigt
die Weissagung. Pfui. "50 Jahre Rock". So großspurig der
Titel, so grottig die Umsetzung. Herr Gottschalk, eine bitte nur: lassen
sie die Lederklamotten in Zukunft im Schrank. Sie sehen darin aus wie eine
Bratwurst.
Jetzt
bestellen für nur SFr. 31.90 |
|
POP/ROCK
Agnetha
Fältskog: My Colouring Book
Agnetha. Der personifizierte Traum vieler kleiner Buben, die in den Siebziger
Jahren aufgewachsen sind, meldet sich mit "My Colouring Book"
zurück. Rein optisch hat sich wenig geändert. Immer noch glänzen
die blitzweißen Zähne in einem strahlenden Lächeln. Die
tragende Stimme von Abba
erklingt noch genauso frisch wie damals in den seligen Siebzigern. Sanft
gerät der Einstieg mit dem Titeltrack. Sanfte Südsee-Gitarrenklänge
untermalen die ruhige Stimmung, ehe Agnetha ihrer Sehnsucht nach dem entschwundenen
Geliebten Nachdruck verleiht. Etwas abba-esker
mutet "When You Walk In The Room" an. Etwas mehr Pop-Pepp, ein
energischeres Schlagzeug richten den Blick nach vorne. Ein geschickt gesetztes
Break im Mittelteil hebt den Track von der schnurgeraden Schiene und verleiht
ihm einen gewissen Charme. Es mutet jedoch etwas seltsam an, dass eine Frau,
die mit Abba
derart viele Welthits performte, anscheinend so wenig Vertrauen in ihre
eigenen Songschreibekünste hat. Kein einziges der 13 Lieder stammt
aus ihrer Feder. Sie verlegt sich vielmehr darauf, Fremdkompositionen ihren
Stempel aufzudrücken. Das gelingt ihr durchaus, auch wenn sie sich
ihre Neuinterpretation von "Sealed With A Kiss" hätte sparen
können. Sie schafft es partout nicht, der Romantik des Originals eine
interessante Note hinzuzufügen. Uptempo-Nummern finden sich auf "My
Colouring Book" keine. Dies wirkt sich etwas negativ auf den Abwechslungsreichtum
des Album aus. Zwar glänzen einiges Songs mit eingängigen Melodien
und netten Gesangs-Arrangements, auf die gesamte Wegstrecke des Albums betrachtet,
geht der Originalität aber die Puste aus. Da hilft eine gelungene Interpretation
von Gilbert Becauds "What Now My Love" leider nur wenig.
Der sehnsüchtig romantische Kanon passt sich der naiven und glockenklar
klingenden Stimme der Agnetha
Fältskog perfekt an, ein harmonisches Duo also, dass sich da
durch die Trackliste schmachtet. Durchwirkt von einigen Glanzpunkten, fehlt
dem durchweg professionell geknüpften Gewebe an einigen Stellen jedoch
der überraschende Farbtupfer, der aus "My Colouring Book"
ein gutes Album gemacht hätte. Ein gelungenes Comeback zwar, das die
hohe Erwartungshaltung der Fans wohl nicht zur Gänze erfüllen
kann. Dazu passt auch die Farbgestaltung des Covers. Komplett in pastellenem
Lila gehalten, der Farbe der unbefriedigten Frau.
Jetzt
bestellen für nur SFr. 30.90 |
|
HEAVY
METAL
W.A.S.P.:
The Neon God: Pt. 1: The Rise
Blackie Lawless will es anscheinend wirklich noch mal wissen. Nachdem das
"The Crimson Idol"-Konzeptalbum das erfolgreichste der W.A.S.P.-Geschichte
war, macht er sich mit "The Neon God" an den nächsten Versuch,
und der soll gleich über zwei Alben gehen. Hat er sich damit aber auch
einen Gefallen getan? So ganz schlüssig bin ich mir noch nicht, denn
schon allein der Opener "Overture" strapaziert meine Nerven nicht
nur mit völlig lächerlichen Trompeten-Synthies, sondern auch mit
der von mir gehassten Hammondorgel. Dieses Problem setzt sich auch über
das komplette Album fort, denn der gute Gesetzlose hat nämlich an allen
Ecken und Enden mit den Keyboards alles zugepflastert. Das überfrachtet
einige der ansonsten recht anständigen Songs doch etwas. Auch die Drums
sind nicht unbedingt das, was ich als organisch und inspiriert beschreiben
würde, das kann aber auch am Sound liegen. Der lässt nämlich
allgemein etwas zu wünschen übrig, vielleicht hätte Blackie
nicht alles selbst in die Hand nehmen sollen, sondern besser einen anständigen
Produzenten verpflichtet. Songs der Marke "Asylum # 9", "X.T.C
Riders" oder "Running Man" (furchtbarer Sound, die Drums
klingen wie aus der Keksdose) hätte das bestimmt gut getan. Dass "The
Rise" das musikalische Thema von "Overture" wieder aufgreift,
ist zwar eine nette Sache, aber ... siehe oben.
Dabei ist die Story wieder interessant geschildert und sowohl musikalisch
als auch textlich schön umgesetzt. Blackie leidet, schluchzt und schreit
sich durch 14 Songs, die das emotionale Dilemma des Protagonisten Jessie
schildern, der von der drogensüchtigen Mutter ausgesetzt in einem Waisenhaus
aufwächst, von einer sadistischen Nonne dort sexuell missbraucht wird
und langsam am Rad dreht. Als er dann aus der Klinik abhaut, gabelt ihn
ein seltsamer Charakter namens Judah auf, der ihn zu einem religiösen
Sektenführer aufbaut. Die Ansätze sind mal wieder sehr gut gelungen,
es wurde nur an den falschen Sachen gespart, was das Album folglich nicht
übers Mittelmaß hinaus hebt. Schade eigentlich, denn mit "What
I'll Never Find" haben W.A.S.P.
mal wieder eine richtig geile Ballade am Start.
Jetzt
bestellen für nur SFr. 28.90 |
|
POP
Jane
Birkin: Rendez Vous
Eigentlich hat die Musikerin Jane
Birkin das selbe Problem wie Kollegin Courtney
Love: ihr Stigma ist es, auf Lebenszeit von der Öffentlichkeit
nur als die Geliebte einer großen Musiker-Persönlichkeit wahrgenommen
zu werden. Gegen dieses Unbill kann man auf verschiedene Arten vorgehen:
Love bevorzugt bekanntlich die Variante, ihr geschundenes Ego durch Brustimplantate,
Party-Exzesse oder Medikamentenmissbrauch aufzuwerten. Ihre musikalischen
Statements, so Kurt Cobains Witwe dafür Zeit findet, fallen ähnlich
aussagekräftig aus. Um einiges relaxter geht Jane
Birkin mit dem schweren Thema Vergangenheit um. "Wenn sie mich
irgendwann einmal mit den Füßen voraus aus meiner Wohnung tragen",
so die ehemalige Muse Serge
Gainsbourgs kürzlich in einem Interview, "spielen sie
als Begleitmusik im Fernsehen 'Je t'aime' und das geht auch in Ordnung".
Ihrem 1991 verstorbenen Ex-Partner widmete sie bereits letztes Jahr das
orientalisch geprägte Album "Arabesque", das das Erbe seiner
Musik an neue Generationen heran tragen sollte. Auch wenn dieses Ansinnen
zumindest bei mir überhaupt nicht fruchten wollte, Birkins sympathischer
und beinahe altersweiser Umgang mit ihrem Back-Catalogue scheint ihre Kreativität
merklich anzufachen. Jedenfalls legt das "Blow Up"-Nacktmodell
von 1966 mit "Rendez-Vous" schon wieder ein neues Studioalbum
vor, obendrein ein durchweg überzeugendes, und das, oha, ohne einen
einzigen Gainsbourg-Song. Nordafrikanische Einflüsse bleiben außen
vor, dafür konzentriert sich Birkin auf gefühlvolle Chanson-Duette
mit französischen und internationalen Stars. Zu den herausragenden
der zumeist ruhigen Kollaborationen gehört sicherlich das Duett mit
Beth
Gibbons, das an Intensität keinen Portishead-Song
scheuen muss. Zumal Gibbons mit gar ungeheuerlich schauerlichem Background-Heulen
aufwartet. Ebenso brillant gelingt der englischstämmigen Sängerin
die Umdeutung des Roxy
Music-Klassikers "In Every Dream Home A Heartache", bei
dem sich Bryan Ferry an ihrer gesanglichen Leistung prompt ein Beispiel
nimmt. Auch der andere Brian, der Placebo-Molko
nämlich, macht seine Sache mit Jane im zäh fließenden "Smile"
ziemlich gut. Manu Chao brachte Birkin neben seinem "Te Souviens-tu?"
gleich noch seinen alten Produzenten-Spezie Renaud
Letang mit ins Studio, der sich mit dem Berliner Kaputtnick Gonzales
den Platz hinter dem Mischpult teilte. Jener wiederum dürfte mit Feist
eine weitere Kanadierin ins Duett-Spiel gebracht haben, deren sanft schmeichelnder
Zucker-Pop in "The Simple Story" ebenso zu den Album-Schönheiten
zu zählen ist. Freunde des französischen Chansons kommen im besinnlichen
"La Grippe" (mit Etienne
Daho), in "Tas Pas Le Droit D'avoir Moins Mal Que Moi"
oder im recht schwülstigen "Palais Royal" (mit Schauspieler
Alain
Souchon) auf ihre Kosten, wohingegen die fröhliche Single "Je
M'appelle Jane" mit Popstar Mickey
3D beinahe schon aus dem Rahmen fällt. Auch Nationalheldin
Francoise
Hardy ist auf "Rendez-Vous" vertreten, deren "Surannée"
aber leider nicht ganz an Keren
Anns Interpretation heranreicht. Dennoch: Serge
Gainsbourg wäre stolz auf seine Jane. Ganz sicher.
Jetzt
bestellen für nur SFr. 30.90 |
|
MUSIK
DVD (POP)
Beyoncé:
Live at Wembley (DVD & CD)
Beyoncé
ist Cleopatra. Zumindest zu Beginn ihrer Wembley-Show. Dort räkelt
sich das Destiny's
Child lasziv und lustweckend wie die ägyptische Königin
auf ihrer Sänfte. Sekunden zuvor war sie noch von der Decke geschwebt.
Eine Aktion, die das englische Publikum zwar mit wildem Gekreische quittiert,
Beyoncé
von Konzert zu Konzert jedoch zunehmend schwerer fällt, wie die R'n'B-Queen
im Bonus-Material ihrer üppigen VIP-Lounge berichtet. "Ich dachte,
ich sei tough, doch nach 15 Auftritten in Folge habe ich diese Abseil-Idee
bereut", erzählt der entspannt und sympathisch wirkende Superstar.
Auch auf der Bühne schafft Jay-Zs
Ehefrau in spe die Gratwanderung zwischen Professionalität und Down-to-earth-Mentalität.
Orientalisch bauchfrei bekleidet und gut bei Stimme startet sie ihr Set
mit den Solo-Songs "Baby Boy" und "Naughty Girl". Aufwendige
Bühnenbauten und Feuerwerk-Firlefanz braucht Beyoncé
nicht. Unterstützt von nur einem DJ und einer Handvoll Tänzer(innen)
lässt ihr erotisches "Bootylicious"-Charisma Männerherzen
und -hosen eh höher schlagen. Bei so viel Sex-Appeal verwundert es
schon ein wenig, dass das Londoner Publikum überwiegend aus Frauen
besteht. Jetzt wird auch klar: Der Spruch von Old School-Lady Lover Lionel
Richie, dass bei seinen Konzerten schon viele Männer ihre Traumfrau
gefunden hätten, ist endgültig überholt. Wer ein Singledasein
fristet, geht zu Beyoncé!
Ihre Show würde jedoch in einem mittelgroßen, schweißnassen
Club noch stärker und intimer rüber kommen. Gerade beim jammenden
Destiny's
Child-Medley verlieren sich die animierenden Rhythmen von "No,
No, No", "Survivor", "Independent Women" oder "Say
My Name" im Soundbrei des Saals. Beyoncé
hüpft auch nicht wie einst Janet
Jackson über die Bühne, und gewisse Entertainerqualitäten
gehen ihr ebenfalls ab - selbst wenn ihr Becken verführerischer schwingt
als Shakiras.
Trotzdem beherrscht Beyoncé
das Spiel einer Diva. Ungefähr sechsmal wechselt sie die aufreizenden
Klamotten. Ansagen sind Mangelware, und bei der Coverversion "Fever"
adaptiert sie arrogant verführerisch die modernen Kinomusicals "Moulin
Rouge" und "Chicago".
Doch trotz 30er Jahre Swing passt wohl kein Song besser zu Beyoncés
Bewegungen und Ausstrahlung als der Jahrhundert-Hit "Crazy In Love".
Ein dynamischer Shake Ya Ass-Groove gepaart mit rockigem Live-Sound und
roughen Raps, die hier natürlich nur vom Band kommen. Der Song beendet
dann auch das kurzweilige Konzert. Zurück bleibt die Erkenntnis, dass
J.
Lo (arroganter) und Britney
Spears (dümmer) keine echte Konkurrenz für Beyoncé
darstellen. Wie gerne würde Mann ihr Caesar sein. Oder wenigstens Jay-Z.
Ein wenig mehr von Letzterem hätte auch der Bonus-CD gut getan.
Immerhin versucht sich der Rapstar erfolgreicher an der Rose
Royce-Nummer "Wishing On A Star" als seine Verlobte. Auf
dem zu seichten Tune lässt sich ihr aggressive Erotik nicht wirklich
entfalten. Ebenfalls stark nach Langeweile klingen die sterile Roger Troutman-Interpretation
"What's It Gonna Be" sowie die Entjungferungs-Hyme "My First
Time". Okay, wenn Beyoncés
Zeilen wie "Baby, I'm not afraid to go the way, but it's my first time"
singt, möchte mancher vielleicht sein Schwert ziehen. Nach den House-Remixen
von "Crazy In Love", "Baby Boy" und "Naughty Girl"
bleibt es dank Dauerwellen-Erotik und Ibiza-Feeling dann doch lieber in
der Scheide.
Jetzt
bestellen für nur SFr. 33.80 |
|
Text-Quellen:
Diverse |
|
02.05.2004 03:34:34 / enzo Alle Angaben ohne Gewähr |
Zur Monatsübersicht |
|
Wird aktuell angeschaut... |
| |
|